West Cape
Travel

West Cape: Golf, Gourmet & Wein

Nirgends kann man Golfen besser mit gastronomischen Genüssen verbinden als im West Cape von Südafrika. Dies zu unschlagbaren Preisen mit immer fröhlichen Menschen.

 «Ihr müsst auf die Weingüter», wiederholt Hilde. Diesmal noch etwas bestimmter. Die 80-Jährige aus Ostfriesland muss es wissen, zusammen mit ihrem Mann Ekkehard reist sie zum 31. Mal im Land herum. Zuletzt immer mit Basis in Sommerset West. Der Ort liegt keine halbe Stunde vom Flughafen Kapstadt entfernt, praktisch neben dem weltbekannten Weingebiet von Stellenbosch und Dutzenden von Golfplätzen. Diesmal bleiben sie 11 Wochen. So lange war es noch nie. Aber es gibt noch viel zu entdecken rund um Sommerset West. «Sicher 500 Weingüter laden in der Gegend zum Degustieren, die sind so schön, da müsst ihr hin», sagt sie beim Frühstück im Guesthouse Cape Edelweiss in Sommerset West.

Südafrika ist für Golf-Touristen ein Traum. Fast alle traditionellen Clubs verfügen über Caddies, die einem die Tasche schleppen und dazu gute Tipps geben. Viele moderne Clubs vermieten Carts mit GPS, und überall sind die Menschen stets gut gelaunt und freundlich. Das gilt für den Caddie-Master, der einem schon vor der Runde die Schlager putzt, bis hin zu den professionellen Startern, die uns genau sagen, ab welchem Tee wir abschlagen sollen. Fast überall wird parallel vom Abschlag 1 und 10 gespielt, doch längere Wartezeiten entstehen deshalb nicht. Neben den üblichen Erklärungen punkto Spieltempo heisst es immer wieder: «Wichtig ist die Pause nach neun Löchern», sagt beispielsweise der Starter im Golfclub de Zalze. Viele Südafrikaner trinken bei Halbzeit gern ein Bier, und die meisten bestellen sich im Clubhaus eine warme Mahlzeit. Die Touristen begnügen sich meist mit einem Sandwich, denn gut zehn Minuten später geht das Vergnügen ja weiter.

Beste Kombination

Das Essen ist nicht bloss während der Runde wichtig. Die Kombination von Golf, kulinarischem Genuss und einheimischem Wein ist kaum zu toppen. 
Die Golfplätze rund um Sommerset West und Stellenbosch gehören nicht zu den spektakulärsten des Landes, für einen gemütlichen Start in die Ferien sind sie aber ideal.

Das gilt speziell für den traditionsreichen Golfclub Stellenbosch mit sehr vielen Bäumen oder für De Zalze, gleich nebenan gelegen. Der Platz ist problemlos zu Fuss zu absolvieren und bietet viel Abwechslung sowie ein paar bemerkenswerte Löcher. Ganz speziell ist etwa der Abschlag Nummer 13, denn dort liegen alle Teeboxen der Männer mitten im Wasser auf kleinen Inseln. Der Abschlag über die Lagune ist nicht sehr weit, doch landen viele Bälle nicht auf trockenem Grund. Einen echten Hirtetest gibt es dann nochmals auf der drittletzten Bahn, wobei das flache Par 3 von den hinteren Boxen gut 220 Meter misst. Wer es einfacher und noch unkomplizierter möchte, spielt beispielsweise die Plätze des «Strand Golfclub» oder Sommerset West, beide vor allem bei den Einheimischen sehr beliebt und deutlich weniger «touristisch».

Beste Pflege

Ebenfalls ganz flach ist beispielsweise der Edelclub von Pearl Valley in der Nähe von Franschhoek. Dort hat sich Architekt Jack Nicklaus ausgetobt: Insgesamt 81 Bunker und viel Wasser prägen das Bild des «Florida Style»-Parcours. Hier spielen wir mit Vater und Sohn aus Pretoria, beide sehr sportliche Golfer und Rugby-Spieler. Sie fahren auf dem Elektro-Mountainbike über den Platz, den Bag hinten angeschnallt. Das sieht lustig und speziell aus, hilft den beiden Longhittern gleichzeitig beim Bälle suchen. In Pearl Valley werden unsere Schläger schon nach neun Löchern erstmals geputzt, die Carts sind mit dem eigenen Namen angeschrieben. Wegen der grossen Hitze gibt es extra-Eis, die Halfway-Verpflegung ist in der Greenfee inbegriffen. Ebenfalls in die Top 3 rund um das Weingebiet Stellenbosch gehört Erinvale. Neun flache sowie neun hügelige Löcher bilden einen abwechslungsreichen Kontrast. Hier empfiehlt sich ein Cart, obwohl man den Sinn erst relativ spät erkennt. Die Aussicht auf den Backnine ist fantastisch, das Score zusammenzuhalten dagegen schwierig. 

West Cape 2

West Cape

Tipps zu Top-Restaurants und Weingütern

«Zum Trost» gibt es danach ganz in der Nähe, im Restaurant «Ocean 8», die besten Sushi – (auch) dank des schwachen Rands zu Preisen, die man sich hierzulande kaum vorstellen kann. Der Chenin Blanc aus de Zalze kostet hier 7.50 Franken, natürlich die Flasche und nicht das Glas. Dabei ist es bei den Südafrikanern durchaus üblich mit einer oder zwei Flaschen unter dem Arm ins Restaurant zu laufen. Das Zapfengeld von 45 Rand entspricht etwa 2.5 Franken.
Die Top-Restaurants im Land sind nicht mehr wie vor Corona, ein Jahr und mehr im Voraus praktisch ausgebucht. Das gilt beispielsweise auch für das traditionsreiche «Rust in Vrede», einer der kulinarischen Höhepunkte oder das neu eröffnete «Dusk» direkt in Stellenbosch. 
Von der einfachen Unterkunft bis zum Leading Hotel of the World – Südafrika bietet auch punkto Übernachten eine sehr breite Auswahl. Am gemütlichsten und interessantesten sind in aller Regel die unzähligen Bed&Breakfast-Angebote. Der Luzerner Stefan Forster und seine Frau Diana Rock sind selber begeisterte Golfer. Sie kennen das Land aus vielen eigenen Reisen, bieten in ihrem Guesthouse Cape Edelweiss, sehr schön auf dem Hügelzug des Helderbergs mit Blick auf den Ozean und einem sehr persönlichen Service. Neben dem feinen Frühstück gibt es von beiden auch alle Tee-Times, Tipps für Restaurants, Ausflüge und vielem mehr. Zusammen mit ihren Gästen besucht das Duo auch weniger bekannte Weingüter, etwa das des gebrtigen Baslers Luca Bein, der ausserhalb von Stellenbosch «nur» Merlot anbaut. Dies aber auf höchstem Niveau. Deutlich mehr Betrieb ist naturgemäss bei «Ernie Els Wine», hier können die Gäste von der Restaurant-Terrasse auf ein kleines Green chippen. Das wird bei unserem Besuch von Klein bis Gross rege benützt.

Bestes Golf rund um George

Nach ausgiebigem Schlemmen und Weindegustationen und dem Besuch des imposanten Skulpturenparks von Dylan Lewis stehen in den folgenden Tagen die golferischen Highlights im Fokus. Hier hat sich George an der Garden Route als Zentrum etabliert. Die Stadt selber ist deutlich weniger reizvoll als Stellenbosch, doch in und um George herum locken so viele spektakuläre Golfplätze wie in kaum einer anderen Region. Bekannt ist in erster Linie das Fancourt Resort mit drei Meisterstücken aus der Hand von Südafrikas Legende Gary Player. Der edelste heisst schlicht «The Links». Deutlich einfacher ist der älteste Platz im Resort, Outeniqua, benannt nach dem gleichnamigen Berg im Hintergrund. Outeniqua ist Teil eines wunderschönen, gepflegten Gartens, teilweise umgeben von geschmackvollen Häusern. Montagu, der dritte 18-Loch-Platz im Edelresort, ist eine Mischung aus gepflegtem Parkland und viel wilder Natur. Mit dem sehr traditionellen Golfclub George, dem Resortplatz von Ernie Els in Oubaai und weiteren Anlagen sind die golferischen Möglichkeiten allein in George schon fast unbegrenzt. 

West Cape

Weinprobe

Pinnacle Point bleibt top 

Dazu kommen die absoluten Traumplätze in der nahen Umgebung. Mein persönlicher Favorit ist immer noch Pinnacle Point bei Mossel Bay, bloss 40 Minuten von George entfernt. Jede Bahn ist spektakulär, trotz immer mehr Häusern bleibt das grossartige Schauspiel von Architektur und der Natur bestehen. Besonders eindrücklich sind im Pinnacle Point die verschiedenen Par 3, so etwa das kurze Loch sieben über die Felslöcher oder die neunte Bahn, die direkt entlang der Klippe zum Clubhaus zurückführt. Hier ist ein Cart obligatorisch und in der Greenfee bereits inbegriffen. Klar kommt es öfters zu Wartezeiten – meistens, weil die Leute nicht genug von der Szenerie fotografieren können. Bei heftigem Wind ist der Platz ein echtes Monster. Unser südafrikanischer Flightpartner mit Handicap 4 musste beim Halfway House vor allem Bälle nachladen. Er kämpfte mit sich und dem Platz und war trotzdem selber immer wieder fasziniert. «Wo gibt es so einen Abschlag, ausser vielleicht in Pebble Beach?», fragt er beim Blick auf die fotografierenden Japaner vor uns. Dies alles für umgerechnet 100 Franken pro Person (inklusive Cart).

Weitere Spitzenplätze

Auf der anderen Seite von George locken nochmals zwei Spitzenplätze mit mehr oder weniger Sicht auf den Indischen Ozean: Pezula und Simola oberhalb von Knysna heissen die weiteren «Perlen» im riesigen Angebot. Im Pezula Golf geht es gleich heftig los: Beim ersten und zugleich schwierigsten Loch muss der zweite Schlag über wilde Buschlandschaften fliegen. Danach verblüffen immer wieder die Ausblicke auf den nahen Indischen Ozean oder die Knysna Lagune – vor allem der 360-Grad- Rundblick vom neunten Grün ist toll. 

Ähnlich spektakulär ist der Ausblick vom nahen Simola. Dabei blickt man schon auf Loch 2 auf ein gefühlt 150 Meter tiefer liegendes Fairway. Auch gibt es meist einen Foto-Stopp für die Touristen; im obligatorischen Cart kann man sich bequem erholen und geniessen. Einige Bahnen sind recht eng. Die Halfway-Verpflegung ist ebenfalls im Greenfee inbegriffen, danach locken die Clubhaus-Terrasse sowie eine spektakuläre Plattform mit Ausblick für die nötige Entspannung. 

Zum Abschluss der Südafrika-Reise geht es zurück in die Region Kapstadt. Hier ist die Auswahl an Top- Restaurants und Golfclubs nochmals riesig. Unser Favorit heisst (immer noch) Clovelly. Hier begrenzen öfters alte Bäume das Fairway, dazu kommt recht viel Wasser in allen Varianten. So oder so ist Abwechslung garantiert. Wenn wie üblich kräftiger Wind weht, wird der top gepflegte Platz nochmals deutlich anspruchsvoller. So sind wir bei Halbzeit froh, uns im Halfway House kurz hinsetzen respektive stärken zu können. Die Caddies erhalten für die Pause einen separaten Zustupf von umgerechnet 3 Franken. Obwohl es streng verboten ist, verkaufen sie uns ihre gefundenen Bälle. Auch dieser Nebenverdienst ist für die professionellen Taschenträger höchst willkommen, und für uns Touristen ein passender Service. Bälle kann man in Südafrika verlieren, Kilos dagegen kaum.

Stefan Waldvogel

Pinnacle Point

Pinnacle Point